Mit einer Münze fängt es an

denn so beginnt nach alter Tradition die Kiellegung eines Kreuzfahrschiffes in
der Meyer Werft in Papenburg an der Ems. Die Münze aus dem Land des
Auftraggebers wird auf die Vorrichtung für die erste Baugruppe gelegt. Dieser
Vorgang wurde bereits elfmal angewandt. Zwei Schiffe pro Jahr werden
gebaut, und so ist die Auftragslage bis 2024 gesichert. Die IMV Hannover war
Gast beim Berufsausbilderverband Niedersachsen e.V. bei einer exklusiven
Besichtigung, die nicht der normalen Besuchertour entspricht. Wir durften
direkt zu den Maschinen in der Fertigung, wobei die Produktion gerade still
stand. In einem Kurzvortrag durch den Kollege Frank Dreyer von der IMV
Ostfriesland-Papenburg e.V. wurde die Geschichte der Meyer-Werft
dargestellt. Das Unternehmen wurde 1795 gegründet und befindet sich in
siebenter Generation im Familienbesitz. Zur Zeit sind 3300 Mitarbeiter in
Deutschland tätig und am Standort gibt es 57 Auszubildende. Es werden
verschiedene Subunternehmen mit entsprechend benötigten Gewerken
eingesetzt. In der Region ist die Werft der größte Arbeitgeber. Beim Weg in
die erste Halle überraschte die Teilnehmer die Größe einer Einheit, die aus
einem Tochterunternehmen in Polen kommt und auf den Einbau wartet. Auch
kommen verschiedene Baugruppen aus Torku und Rostock. Mit dem Brennen
der ersten Stahlplatte beginnt der Bau eines Schiffes. Die Stahlplatten sind
Plasma gebrannt, erhalten eine Kennzeichnung, die einmalig ist und den
Weg bis zum Endprodukt bestimmt. Die Außenhaut eines Schiffes besteht
aus 12mm dicken Platten, die eine extreme Genauigkeit von 0,01mm haben.
Dabei wurde erklärt, wie die großen Laserbrenn-und Schweißeinheiten
funktionieren. So werden Stahlplatten zu Paneelen zusammengeschweißt
und sind die Vorstufen zum Blockbau. In einer durchaus bemerkenswerten
Tagestaktstraße wird nach einem Q-Plan aus Stahlplatten mit Profilen eine
Sektion, die mit Elektrik, Leitungen usw. ausgestattet ist. Je nach Größe des
Schiffes werden dann aus den Sektionen ein Block. Diese riesigen Blöcke
können bis zu 800Tonnen wiegen und werden dann zusammengeschweißt.
Dank der Computertechnik passen die Blöcke Millimeter genau zusammen.
Bereits in der Konstruktionphase werden durch einen Virtual Reality-Raum
Qualität und Passgenauigkeit der Teile ständig verbessert. In Hallen, die
teilweise mehrere hundert Meter lang sind, wird der Block mit den

verschiedenen Einheiten wie z.B Bad, Treppen, Technikräumen, Motoren,
Wassergewinnungsanlagen usw. bestückt. Dieser Block wird dann von
Außen fertig gestrichen und mit den Außenaufbauten versehen. Diese
werden dann in den gefluteten Trockendocks wird der Block
zusammengeführt und geschweißt. Wir konnten noch den ausgedockten
Luxusliner „World Dream“, (335m lang und 40breit), beim Aufsetzen des
Schornsteines beobachten.

 

Abgesehen von der technischen Herausforderung und den logistischen
Problemen (wie Stauung der Ems zwecks Überführung in die Nordsee),
waren auch die wirtschaftlichen Aspekte sehr interessant. Auch wenn keine
genauen Summen genannt wurden, so kosten große Kreuzfahrtschiffe
durchaus bis zu 1 Mrd. Euro und teilweise noch mehr. Daher werden auch
Schiffe je nach Fertigstellung eines Produktionsabschnitts bezahlt (wie z.B.
beim Hausbau).

 

Der Kollege Frank Dreyer hat uns sehr gut geführt und blieb keine Antworten
schuldig. Auch unsere Gäste haben sich sehr wohl gefühlt. Diese
Besichtigung war sicher das Highlight des Jahres 2017.

 

S. Offer-Heckmann, B.Paschke

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